5. – 9. Juli 2012
Nach dem Morgenessen verabschiedeten wir uns von unseren Freunden und fuhren mit dem Auto ostwärts Richtung Kalmar. Zwischen Växjö und Nybro liegt Smalands Glasreich. In diesen dichten Wäldern fanden einst Einwanderer die idealen Bedingungen für Glasbläserei. Noch heute wird diese Handwerkskunst betrieben. Im Dom von Växjö finden wir wunderschöne Skulpturen und Dekorationen aus Glas. In 20 Glashütten in der Region wird Glas hergestellt. Wir haben eine davon besucht und zwar in Kosta. Es ist die älteste Glasbläserei in Smaland. Wir haben den Arbeitern bei der Herstellung von Gläsern und Vasen für den Alltag zugeschaut. Es war interessant, spitzig und heiss. Die Arbeiten waren repetitiv, es ist Fabrikarbeit. Beim Gong war Pause. Es erstaunte uns, dass die Sicherheitsvorschriften für diese Arbeit nicht höher sind. Niemand trägt Schutzbrillen bei der Arbeit mit dem Feuer. Als Arbeitsschuhe sieht man oft Sandalen. Nach dem Besuch der Glasbläserei und des dazugehörigen Shops (!) ging es weiter Richtung Ostsee nach Kalmar.
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Wir stiegen im Hotel Best Western Kalmarsund auf der Insel Kvarnholmen worauf das Stadtzentrum liegt ab. Kalmar ist eine der ältesten Städte Schwedens. Ein schöner Spaziergang brachte uns die Stadt mit rund 60‘000 Einwohnern näher. Der Kalmarer Dom ist eine der besterhaltenen Barockkirchen Nordeuropas und das königliche Schloss aus der Renaissance thront auf einer eigenen Insel.
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Die Tage unterwegs waren enorm abwechslungsreich. Von Kalmar fuhren wir der Ostküste entlang. Karlskrona war unser nächster Halt. Wir parkierten direkt auf dem Stortorget, einem der grössten Platzanlagen Nordeuropas. Karlskrona ist eine ehemalige Militärstadt mit Marinestützpunkt vor der grandiosen Kulisse des Schärengartens. Teile davon sind als Unesco-Welterbe registriert.
In der Barockkirche Fredrikskyrkan des berühmten Architekten Nikodemus Tessin aus dem Jahre 1744 besuchten Pierre und ich ein Lunchkonzert, ganz spontan. Es war ein wunderbares, sinnliches Erlebnis der Klänge. Für dreiviertel Stunden tauchten wir in die Welt der Orgelmusik ein. Ein wohltuender Mantel wurde uns um die Seele gelegt. Der Organist interpretierte zum Beispiel „Hey Jude“ von Lennon/McCartney auf sehr gelungene Weise. Eine Improvisation von Bach-Chorälen von Christer Magnusson erzeugte eine angenehme Spannung in der kirchlichen Atmosphäre: feine Töne, fulminante Partien und ein mittreissender Schluss. Der Applaus gehörte voll und ganz dem Organisten. Die Orgel mit ihrer wohlproportionierten Fassade und den Bildschnitzereien sei eine der schönsten in Europa. Ralph und Walti besuchten derweil den Hafen der Stadt: „Das Fräulein vom Tourist-Office sei sehr nett gewesen.“
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Der Tag hatte noch mehr Erlebnisse für uns bereit. Wir fuhren weiter zum Safaripark Eriksberg. Da konnten wir mit dem Auto durch den Park fahren und die wild lebenden Tiere in ihrer natürlichen Umwelt beobachten. In diesem einzigartigen Naturgebiet streifen Rothirsch, Damhirsch, Wisent, Wildschwein und Mufflon frei umher. Der Eriksberg ist mit neun Quadratkilometern eines der grössten Wildgehege Skandinaviens. Im See Färsksjön konnten wie einen der weltgrössten Bestände an Roten Seerosen bewundern. Die Rote Seerose steht unter Naturschutz. Walti war zu Anfang unserer Tour pessimistisch, den in den ersten 10 Minuten unserer Fahrt war kein Tier zu sehen: „Das ist ein Beschiss, wir werden sicher nichts zu sehen bekommen.“ Aber weit gefehlt. Wildschweine, Damhirsche und Wisent zeigten sich uns. Wir genossen diese einmalige Fahrt durch die faszinierende Felslandschaft mit knorrigen Nadelbäumen, Eichen- und Buchenwäldern.
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Wir fuhren weiter Richtung Wallander-Land, unser Ziel war Ystad, ganz im Süden Schwedens. Es war eine Fahrt bei Nebel der Küste entlang. Man hätte meinen können, es sei Oktober. Vor Ystad löste sich der Nebel dann doch noch auf und die dahinter versteckte Sonne schien. Das Landschaftsbild hatte sich verändert. Nun prägten Kornfelder, Raps- und Rübenfelder das Bild. In der Sonne reflektieren die riesigen Weizenfelder goldig.
Ralph ist ein passionierter Leser von Henning Mankells Krimis. Kommissar Kurt Wallander arbeitet in Ystad. Am Sonntag folgten wir den Spuren des Kommissars durch die engen Pflastersteingassen. Dies bot uns die Gelegenheit, die Stadt gut kennenzulernen. Ystad hat eine pittoreske Altstadt mit vielen Fachwerkhäusern. Es regnete teilweise heftig, was jedoch perfekt zu unserer kriminalistischen Erkundung der Stadt passte.
Wir erkundeten die Südküste noch weiter. Zum Beispiel besuchten wir Ales Stena, eine vorgeschichtliche Fundstätte. Wir machten auch Halt in Smygehuk, am südlichsten Punkt von Schweden. In Smygehuk findet man noch einen Kalkofen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts als Erinnerung an eine Grossindustrie - das Brechen und Brennen von Kalk. In dieser Gegend ist die Kalkschicht bis zu 40 Meter dick. Kalk wurde für die Bodenverbesserung und als Baumaterial benutzt. Kalk ist noch immer ein wichtiger Bestandteil um die schonischen Langhäuser verputzt und weiss zu halten.
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Falsterbo ist eine Halbinsel am Südwestzipfel Schwedens. Von dieser Insel aus hat man eine fantastische Sicht auf die Öresundbrücke die im Jahr 2000 eröffnet wurde und die beiden Metropolen Malmö (Schweden) mit Kopenhagen (Dänemark) miteinander verbindet. Falsterbo hat aber auch wunderbare Sandstrände mit typischen farbigen Strandhäuschen und sogar zwei Golfplätzen an bester Lage.
Unsere Schwedenreise geht in diesen Stunden zu Ende. Während ich diese Zeilen schreibe, sind wir auf der Rückfahrt in die Schweiz, irgendwo in Deutschland. Es war eine sehr abwechslungsreiche Reise im Spannungsfeld der Grossstadt Stockholm und der fast unberührten und wilden Natur von Smaland.
Weitere Fotos:
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Öresundbrücke: Verbindet Malmö mit Kopenhagen |
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Damhirsche auf Eriksberg |
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Der Mann der lächelte. Wûrst im Österportgrill. |
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Harmonigatan, Ystad: Henning Mankell
lässt den Mörder in dem Buch Mittsommermord in dieser Strasse wohnen. |
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Hotel Anno 1793 Selelgarden:
Ein Zeuge in "Die fünfte Frau" wohnt in diesem Hotel.
Wir auch. |
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Kleiner Fuchs |
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Kloster in Ystad |
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Rolf und Uschi (sportlich) mit Ralph (relaxed) |
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Walti und Pierre warten geduldig auf uns |
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Die Rote Seerose steht unter Naturschutz |
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See Färsksjön auf Eriksberg,
der weltweit grösste Bestand an Roten Seerosen. |
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Wildschweine |
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Wisent |